Digital
Craft
"Digital information lasts forever - or five years, whichever
comes first" (Jeff Rothenberg)
Digitale Diskontinuität
Das Projekt Digital Craft setzt sich mit den Fragen nach der Möglichkeit
der Sammlung, Sicherung, Interpretation und Ausstellung von Artefakten
unserer durch die Neuen Medien geprägten Alltagswelt auseinander.
Die Universalität des binären Codes garantiert, wie
wir heute einzusehen beginnen, keineswegs das ewige Überleben
der in immer größerer Zahl hervorgebrachten digitalen
Produkte und Dokumente. Diese bleiben stets an physische Träger,
Plattformen und Protokolle gebunden, die in rasendem Tempo veralten.
Die Neuen Medien verwandeln sich auf diese Weise in Tote Medien,
die Frühzeit der Computer- und Internetkultur droht, dem
kulturellen Gedächtnis unwiederbringlich verloren zu gehen.
Medienzentren wie das ZKM in Karlsruhe oder das Ars Electronica
Center in Linz haben damit begonnen, ausgewählte Werke der
Medienkunst zu sammeln. Die großen Nationalbibliotheken
stellen sich seit längerem den Problemen der standardisierten
Archivierung digitaler Dokumente. Was bislang fehlt, sind systematische
Bemühungen um die langfristige Bewahrung digitaler Alltags-
und Gebrauchsgegenstände wie z.B. Computerspiele, virtuelle
Haustiere, Interfaces und Websites, sowie der Hardware- und Softwarevoraussetzungen
für ihren Betrieb.
Was ist Digital Craft?
Der Begriff 'Digital Craft' designiert ein neues, bislang nicht
klar definiertes Feld, das zum einen eine neue Form der handwerklichen
Produktion und zum anderen einen neuen Forschungsbereich umfaßt.
Als offene, internationale Plattform für Diskurse über
die digitale angewandte Kunst will das Projekt Digital Craft an
der Etablierung und Definition dieses Feldes mitwirken. Als Ausgangspunkt
der Diskussion lassen sich folgende Leitfragen formulieren:
- Was ist Digital Craft? Wie positioniert sich Digital Craft
im Spannungsfeld zwischen Kunst und Technologie, zwischen
Virtualität und Materialität?
- Was soll gesammelt werden? Nach welchen Kriterien wird entschieden,
welche digitalen Artefakte zum kulturellen Erbe gehören?
- Wie kann Digital Craft gesammelt werden? Welche Plattformen,
Speichermedien und internationale, offene Standards gibt es,
die eine langfristige Bewahrung erlauben?
- Wie kann Digital Craft ausgestellt werden? Wie läßt
sich der dynamische, interaktive Charakter des digitalen Artefakts
in einer musealen Situation vermitteln?
- Wie kann Digital Craft zum Gegenstand wissenschaftlicher
Forschung werden?
"Die angewandte Kunst des 21. Jahrhunderts"
Das Projekt Digital Craft wurde exemplarisch als Kooperation zwischen
dem Institut für Neue Medien und dem Museum für Kunsthandwerk
realisiert. Unter neuer Leitung strebte das Museum für Kunsthandwerk
eine umfassende Integration der Neuen Medien in die Museumsarbeit
an. Neben der Sammlung und Ausstellung digitaler Artefakte waren
die Digitalisierung der bestehenden Sammlungen sowie die Entwicklung
computergestützter pädagogischer Konzepte zentrale Vorhaben.
Dieses Engagement wurde durch das Museum als natürliche Extension
seines Auftrags als Museum für angewandte Kunst begriffen
um sich gleichzeitig als europäisches Zentrum für die
Sammlung digitaler Artefakte zu positionieren. Das Institut für
Neue Medien verfügt über eine langjährige Erfahrung
im Bereich der Neuen Medien: viele der hier entstehenden und entstandenen
Produkte gehören zum Feld des Digital Craft und genügen
möglicherweise selbst dem Kriterium der musealen Bewahrung.
Das Institut übernahm die Seite der technologischen Konzeption
und Realisierung des Projekts, sowie die Entwicklung der Webauftritte
des Museums und des Projekts Digital Craft. Weitere Aufgaben umfassten
die Konzeption eines ausbaufähigen Datenbanksystems, das
gleichzeitig als Grundlage für Sammlungsinventar, museumspädagogische
Anwendungen und Websites diente, sowie die Entwicklung des Prototyps
für ein Informationsterminal für die städtischen
Museen. |