Konstruktion einer Husserl-motivierten Theorie
mit Modellen:
Ein erstes graphisches Modell
AUTHOR: Dr. Gerd Döben-Henisch
FIRST DATE: July-31, 1996
DATE of LAST CHANGE: July-31, 1996
Eine Form sprachunabhängiger Darstellung wäre ein graphisches Modell. Die Bestandteile des graphischen Modells wären dann als ‚Repräsentanten' jener Sachverhalte
aufzufassen, die in der Analyse als die intendierten Denotate angenommen werden.
Auch im Falle graphischer Modelle bliebe allerdings die Notwendigkeit der handlungsmäßigen
Einführung der graphischen Elemente relativ zu den intendierten Denotaten erhalten.
Im vorliegenden Falle besteht die Vorgabe aus Texten, die im jeweiligen Interpreten
einen Interpretationsprozeß auslösen, der zur ‚Rekonstrukion möglicher intendierter
Sachverhalte' führt. Diese rekonstruierten Sachverhalte sind gewisse Erlebniskomplexe
des Interpreten, die aufgrund der sprachlichen Vermittlung
selektiert werden konnten. Unter Rückgriff auf die Sprache, mittels der sich diese
Erlebniskomplexe selektieren lassen, kann man dann auch graphische Elemente einführen
und diese mit den sprachlich vermittelten intendierten Denotaten in Beziehung setzen.
Die Einführung grafischer Modelle erscheint damit als ein -wenngleich sehr grobes-
Hilfsmittel, um diese rekonstruierten Sachverhalte zu ‚artikulieren' und damit kommunizierbar
zu machen. Jeder andere Diskursteilnehmer gewinnt dadurch die Möglichkeit, die ‚Strukturen seiner eigenen Interpretation' mit jenen im grafischen Modell und damit
dann -indirekt, grafisch vermittelt- mit den Strukturen des anderen Interpreten zu
vergleichen.
Umgrenzte Flächen
stellen im grafischen Modell solche Sachverhalte dar, die in irgendeiner Weise bestimmbare
Objekte -konkrete wie abstrakte- repräsentieren sollen. Räumlichen Einschlußverhältnissen
entsprechen sachlichen Einschlußverhältnissen. Pfeile
stellen Prozesse dar, die sich auch als Zuordnungen/ Abbildungen von einem Bereich
in einen anderen auffassen lassen. Texte
sind zu verstehen als Bezeichnungen/ Labels/ sprachliche Deskriptoren aus dem Bereich
der benutzten Metasprache.
In diesem ersten grafischen Modell GM1 der von Husserl angenommenen Bewußtseinsstrukturen
definiert sich das reine Ich
durch die Tatsache, daß
es überhaupt Unterscheidbares, Erlebbares gibt. Die Tatsache, daß
es etwas gibt, konstituiert ein Etwas
, von dem
gewußt werden kann. Dieses aber konstituiert die sogenannte Intentionalität
im Sinne Husserls, die sachlich identisch ist mit dem Begriff des Bewußtseins
. Die Gesamtheit dessen, was gewußt sein kann, konstituiert die Menge der möglichen
Erlebnisse bzw. Bewußtseins-Inhalte
.
Die weitere Analyse besteht dann nur darin, die Gesamtheit dieser Bewußtseinsinhalte
hinsichtlich ihrer Eigenschaften zu explizieren.
Eine erste grobe Einteilung ist nach Husserl jene nach hyletischen Stoffen
und nach noematischen Korrelaten
(auch Noema
genannt).
Mit hyletischen Stoffen
sind sinnliche Eindrücke im weitesten Sinne gemeint, also nicht nur sensorische Eindrücke
im engeren Sinne, sondern auch Gefühle, Triebe wie auch das Wollen.
Die noematischen Korrelate
entstehen aus einem Ausgangsmaterial (hyletische Stoffe oder selbst Noema) durch
Schaffung einer neuen Einheit
auf einem höheren Niveau
.
Die konkreten Prozesse solcher Einheitsbildungen nennt Husserl Noesen
.
Mindestens ein Teil der Noesen geht zurück auf die Tätigkeit der Reflexion
. Die Reflexion manifestiert sich durch Veränderungen/ Modifikationen
des Ausgangsmaterials. Mindestens ein Teil solcher Modifikationen werden von Husserl
als Akte des reinen Ich
aufgefaßt. Jede solche durch die Reflexion hervorgerufene Modifikation kann selbst
wieder Gegenstand einer neuen Modifikation werden. In diesem Sinne kann sich die
Reflexion selbst reflektieren (Selbstreflexion).
Quer zur Perspektive der Intentionalität liegen die unterschiedlichen zeitlichen Dimensionen.
Im Jetzt
des Wissens von, das zugleich auch eine Gleichzeitigkeit
aller im jetzt gegenwärtigen Bewußtheiten darstellt, gibt es immer auch ein Wissen
des ‚eben gerade' bzw. des Vorher
. Im Jetzt gibt es aber auch ein Wissen um ein mögliches Nachher
. Diese ist eine subjektive Zeitlichkeit
, der nur nachträglich und abgeleitet eine ‚Uhrenzeit' zugeordnet werden kann.
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