Phänomenologische Analyse des Bewußtseins

This is a working paper which will probably be rewritten several times in the next months


AUTHOR: Dr. Gerd Döben-Henisch
REMARK: This version is a reaction of the author to the very stimulating and constructive discussion with the NLD-group of Prof. Beckmann, Physics Department, University Mainz
FIRST DATE: February 19, 1996
DATE of LAST CHANGE: March-9, 1996



Bewußtsein und Sprache

Vorausgesetzt wird der Raum aller Phänomene D-PHEN. Dieser Begriff wird hier synonym gebraucht mit dem Begriff des Bewußtseins. Aus der Sicht eines einzelnen Erkennens gibt es nur diesen einen Raum; alles ist darin enthalten. Der Begriff des Phänomens ist daher gleichbedeutend mit Erlebbarem, Erfahrbarem, Erkennbarem, wobei dazu nicht nur Eigenschaften wie 'Farben' und 'Formen' gehören, sondern auch Veränderungen und Erkenntnistätigkeiten wie zum Beispiel 'Erinnern', 'Vorstellen' und 'Vergleichen'. Der Begriff des Phänomens impliziert, daß sich Phänomene als Teil eines Kontextes erfassen lassen beziehungsweise daß sich nicht nur einzelne Phänomene, sondern auch Phänomenkomplexe erfassen lassen.

Will man das Bewußtsein in seinen erlebbaren und erkennbaren Eigenschaften beschreiben, dann benötigt man dazu eine Sprache L. Es wird hier angenommen, daß die Sprache L mindestens hinsichtlich der Menge der erlaubten Worte von L W(L) sowie hinsichtlich der Menge der syntaktischen Regeln von L R(L) charakterisiert ist. Die syntaktischen Regeln legen fest, welche Worte auf welche Weise miteinander verknüpft werden dürfen. Die Menge der erlaubten Worte zusammen mit der Menge der syntaktischen Regeln ergibt die Menge der erlaubten Ausdrücke der Sprache L Expr(L).

Das mindeste, was eine sprachliche Beschreibung des Gegenstandsbereiches G mittels den Ausdrücken von L Expr(L) zu leisten hat, ist die Benennung jener Phänomene oder Phänomenkomplexe, die für die Beschreibung berücksichtigt werden sollen. Eine solche Benennung von Phänomenen durch Ausdrücke der Sprache L wäre eine Abbildung von Phänomenkomplexen in Ausdrücke, das heißt wir hätten eine Funktion der Art:

BENENNUNG: Phänomenkomplexe ---> Ausdrücke von L

Es wird hier unterstellt, daß es im Bereich eines Bewußtseins möglich ist, Benennungen zu generieren. Es ist möglich, einen Phänomenkomplex PKi 'auszuwählen' und ihm einen sprachlichen Ausdruck Ai aus der Menge der erlaubten Ausdrücke von L Expr(L) 'zuzuordnen'.

Ausdrücke von Expr(L), denen durch eine Benennungsleistung Phänomenkomplexe zugeordnet worden sind, werden hier als Sprachzeichen aufgefaßt und die Phänomenkomplexe, die einem Sprachzeichen zugeordnet werden, gelten als sprachliche Bedeutung dieser Zeichen.

Eine Artikulation wird hier als Verallgemeinerung der Benennung aufgefaßt. In einer Artikulation werden nicht nur quasi 1-zu-1-Beziehungen zwischen Phänomenkomplexen und sprachlichen Ausdrücken hergestellt, sondern es wird eine dem Phänomenkomplex inhärierende Struktur in eine entsprechende Struktur des sprachlichen Ausdruck abgebildet.

Im folgenden sollen drei Fragen angedacht werden: (1) Was läßt sich über implizite Strukturen des Bewußtseins sagen? (2) Welche sprachlichen Strukturen stehen zur Verfügung, um diese Strukturen abzubilden? (3) Wie lassen sich die skizzierten phänomenalen und sprachlichen Strukturen in einem kommunikativen Zusammenhang praktisch einlösen?



Bewußtseinsstrukturen

Welche Struktureigenschaften lassen sich am Bewußtsein 'vor-sprachlich' erkennen (eine problematische Formulierung, da ja zur Beschreibung dieses Sachverhaltes eine sprache benutzt wird)?

Es wird hier davon ausgegangen, daß auf der Phänomenseite zusätzlich zu den bisherigen Annahmen auch Eigenschaften mit unterschiedlichen Werten unterschieden werden können.

Die Menge der Phänomene D-PHEN läßt sich anhand von identifizierbaren Eigenschaften partitionieren. Offensichtlich sind wir in der Lage, Teilklassen zu bilden wie zum Beispiel visuelle Phänomene (mit 'Farben', 'Formen', ...), akustische (mit 'Tonhöhen', 'Lautstärken', 'Klangfarben', ...), taktile ('Druck', 'Wärme/ Kälte), olfaktorische, und gustatorische. Dies sind diejenigen Phänomenklassen, die man typischerweise als sinnliche Eindrücke bezeichnet.

Neben den sinnlichen Eindrücken gibt es auch noch solche Phänomenklassen wie propriozeptive Phänomene, Bedürfnisse, unterschiedliche Arten von Emotionen, Erinnerungen, Vorstellungen, und vieles mehr. Besonders erwähnt werden soll noch das Phänomen des Wollens.

Die Unterscheidbarkeit von Phänomenen unter Berücksichtigung ihrer Kontexte impliziert das Phänomen des Raumes als ein 'Nebeneinander' von Phänomenen, ohne daß dadurch schon ein oben/unten oder ein rechts/links ausgezeichnet wäre. Doch kommt den Phänomenen im Raum eine 'Stelle', eine 'Position' zu.

Im Bereich der Phänomene gibt es aber offensichtlich nicht nur die Möglichkeit, Klassen aufgrund von unterscheidbaren Eigenschaften zu bilden, sondern auch Repräsentanten von Klassen und Klassenkomplexen einzuführen. Aufgrund von Abstraktionsprozessen wird ein Phänomen oder Phänomenkomplex zu einem Repräsentanten für eine ganze Menge von Phänomenkomplexen, denen bestimmte Eigenschaftskombinationen zukommen. Einen solchen Repräsentanten nennen wir hier ein Konzept. Konzepte können wiederum zum Ausgangspunkt für Abstraktionsprozesse werden. Konzepte können sich auch auf Veränderungen beziehen.

Die Zeit scheint ein Konzept zu sein. Phänomenale Zeit setzt das Konzept der Veränderung voraus. Veränderungen lassen sich aber nur als Beziehung zwischen zwei verschiedenen Phänomenkomplexen P1 und P2 konstruieren, wobei P1 als etwas 'Erinnertes' gegeben sein muß und P2 als etwas 'Nicht-Erinnertes', d.h. als etwas 'Aktuelles'. Ferner müssen P1 und P2 etwas Gemeinsames haben, relativ zu dem sich ein Unterschied erkennen läßt. Das Gemeinsame kann z.B. eine 'Position im Phänomenraum' sein relativ zu der sich Eigenschaften ändern. Das Erkennen solcher phänomenaler Änderungen konstituiert phänomenale Zeit.

In enger Verbindung mit dem Konzept der Veränderung steht auch das Konzept des Objektes. Phänomenkomplexe, die sich als ganze nur 'geringfügig' verändern, sich aber sehr wohl 'relativ zum Kontext' ändern, erlauben die Bildung des Objekt-Konzeptes. Objektkonzepte definieren sich somit durch eine gewisse 'Konstanz' ihrer lokalen Struktur.

Objekte, deren 'Kernstrukturen' sinnliche Phänomenkomplexe sind, konstatieren die Klasse der empirischen Objekte. Relativ zum Phänomen des Willens sind empirische Objekte 'autonom': Willenszustände können das Verhalten empirischer Objekte nicht beeinflussen.

Die Existenz und das Verhalten empirischr Objekte legt das Postulat eines bewutßseinsexternen Raumes und von bewußtseinsexternen Kräften nahe.

Im Bereich der empirischen Objekte gibt es ein Objekt, das sch von den 'gewöhnlichen' empirischen Objekten unterscheidet; es läßt sich zwar partiell sinnlich erfahren, aber es steht in einer starren räumlichen Beziehung zum Raum der Phänomene und es läßt sich partiell mit dem Phänomen des Wollens und mit z.B. den propriozeptiven Phänomenen korrelieren. Dieses empirische Objekt ist der Körper des Bewußtseins.

Andere empirische Objekte, die zwar aus empirischer Sicht Ähnlichkeiten mit dem Körper des Bewußtseins aufweisen, jedoch vom Wollen und von der Propriozeption getrennt sind, bieten einen Ansatzpunkt, um das Konzept eines fremden Körpers zu bilden. Ein fremder Körper ist dann ein empirisches Objekt, das mit dem Konzept des Willens und eines ganzen Bewußtseins korreliert wird. Ein fremder Körper ist der Andere. Durch die Korrelation der 'eigenen' Bewußtseinszustände mit den verschiedenen Zuständen des 'eigenen' Körpers werden die möglichen' Bewußtseinszustände des Anderen anhand seiner körperlichen Eigenschaften 'extrapoliert'.

Ein anderes interessantes Konzept ist das Konzept der Verursachung. Das Grundmodell für die Verursachung liefert das eigene Wollen. Überall dort, wo Veränderungen beobachtbar sind, die sich nicht mit dem Wollen korrelieren lassen, bietet sich das Konzept der nicht-willentlichen Verursachung an. Im Einzelfall läßt dieses Konzept unterschiedliche konkrete Ausdeutungen zu, die sich mehr oder weniger gut mit Bezug auf den jeweiligen Kontext 'begründen' lassen.

Eine besonders interessante Teilklasse sind die kognitiven Phänomene. Ein kognitives Phänomen ist eine nicht-empirische Aktivität, die auf andere Phänomene einwirken und diese dadurch verändern kann ('Vorstellen', 'Erinnern', 'Vergleichen', 'Folgern', 'Einprägen', 'Erinnern', 'Verallgemeinern ', ...). Kognitive Phänomene sind auch dafür verantwortlich, daß Benennungsoperationen stattfinden können.

Diese vorstehenden Charakterisierungen zeigen in Umrissen, welche Unterscheidungen sich im Bereich des Phänomenraumes D-PHEN vornehmen lassen. Es ist eine recht komplexe Struktur. Eine allgemeine Operation der Benennung müßte alle die möglichen Unterscheidungen nachzeichnen können.



Benötigte sprachliche Strukturen

---- Noch zu schreiben ---



Kommunikative Realisierung einer (Selbst-)Beschreibung des Bewußtseins

---- Noch zu schreiben ---


Comments are welcomed to kip-ml@inm.de
INM

Daimlerstrasse 32, 60314 Frankfurt am Main, Deutschland. Tel +49- (0)69-941963-0, Tel-Gerd: +49- (0)69-941963-10